Konstanzer Stadtgeschichte
Führung durch Konstanz
Konstanz – Eine Stadt mit Vergangenheit
Die Geschichte der Stadt Konstanz unter diesem Namen nimmt ihre Anfänge bereits mit der antiken römischen Siedlung Constantia, gleichwohl auch diese nicht die erste Siedlung am Ausfluss des Bodensees war.
Mit der Wende vom 6. zum 7. Jahrhundert wird Konstanz Bischofssitz und damit geht die Post dann langsam ab: Der Bischof von Konstanz ist zuständig für weite Teile Alemanniens, es entsteht die bis zu ihrer Aufhebung umfangreichste deutsche Diözese.
Das Stadtgeschichtliche Highlight, mit dem Konstanz geradezu ins Blickfeld der Weltgeschichte rückte, war sicherlich das Konzil 1414-1418. Auch Martin V., der hier 1417 zum Papst gewählt wurde, fand Konstanz klasse. Jan Hus, Ketzer aus Böhmen, fand Konstanz eindeutig zu warm und sein Ende auf dem Scheiterhaufen.
Daneben gibt es aber die Geschichten so mancher Leute aus dem einfachen Volk, die von den Schreibern der großen Weltgeschichte weitgehend unberücksichtigt blieben. Von diesen Geschichten aber haben wir so die eine oder andere ausgegraben und präsentieren sie Ihnen mit Witz an den historischen Schauplätzen.
Aber es ist ja nicht nur die „wahre Geschichte“, die das Besondere einer Gegend ausmacht, sondern auch die, die sich in Sagen und Mythen erhalten hat, die sich um viele Orte ranken. So seien hier die Folgenden beispielhaft aufgeführt:
Zweckentfremdung
Nachdem die Johanniskirche in Konstanz eingegangen war, wurde sie als Stall benützt. Aber alles Vieh ging darin zu Grunde, namentlich wurden den Geißböcken nachts von unsichtbarer Macht die Hälse umgedreht. Da hörte man auf, die Kirche als Stall zu gebrauchen.
Aus: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 1, S. 1
Domherrengespenster
Ungeheuer Wesen ist in den Domherrenhäusern zu Konstanz nit seltsam und ungewohnt, denn als Herr Albrecht von Landenberg, ein gar alter Domherr anno 15.. zu Konstanz gestorben, haben etliche ehrbare Personen des Morgens früh, als sie zur Messe gehen wollten, vor dieses Domherrn Hof an der Mauer einen langen, schwarzen Mann sitzen sehen; der hat sich aufgetan und ist so lang geworden, daß er über die Mauer in den Hof gesehen. Das ist zehn oder zwölf Tage vor seinem Absterben geschehen.
Als der Domdechant zu Konstanz, Herr Friedrich von Hinweil, tödlich krank gelegen, hat man etliche Tage vor seinem Tod, als das Münster oder der Dom abends, wie gebräuchlich, geschlossen wurde, ein solch Getümmel, Klopfen und Schlagen gehört, als ob man alle Schlösser und Türen aufbreche und große Gewalt anwende, dermaßen, daß alle Nachbarn, auch etliche Domherrn wie Herr Melchior von Bubenhoffen und andere mit bewehrter Hand zum Dom eilten.
Da haben sie das große Gebrech noch gehört und nit anders vermeint, es hätten sich Leute in den Dom verschlagen, die über alles brechen. Wie nun der Meßner und andere, so hierzu beschieden waren, geweckt waren und kamen, ward die Kirche aufgeschlossen. Sobald man hineindrang, war alles Getümmel vergangen. Man sah und hörte nichts, es lag alles an seinem Ort.
Aus: J. Waibel und Hermann Flamm, Badisches Sagenbuch. Abt. 1: Sagen des Bodensees, des oberen Rheintals und der Waldstädte. Freiburg 1898, S. 47
Der feurige Fischer
Früher sah man auf dem Bodensee zur Nachtzeit oftmals einen feurigen Mann, den man nur den feurigen Fischer nannte. Der lief auf der ganzen Fläche des Sees umher und neckte die Fischer, welche bei Nacht fuhren, und setzte das oft so lange fort, bis sie ihm ein Band oder ein gewobenes Seil zuwarfen und ihm zuriefen: „Fischer, hier hast du ein Bändel!“ Dann kam er sogleich ans Schiff und nahm das Bändel oder Seil und zündete es an, und manchmal soll er gesagt haben: „Solang dies Bändel brennt, solang darf ich ruhen von meinen höllischen Qualen.“ Man hat ihn an allen Orten, die am Bodensee liegen, schon gesehen. Da geschah es dann wohl, daß die Spinnerinnen, die den feurigen Fischer auf dem See erblickten, ihm zuweilen einen lang und dick gesponnenen Faden zum Fenster hinaushielten und ihm zuriefen. Augenblicklich stand er hinter dem Fenster und nahm den Faden, und wenn jener recht lang war, schlug er ein helles Freudengelächter auf und begab sich wieder auf den See und zündete den Faden an.
Aus: Johannes Wilhelm Wolf, Erster Band der Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde. Göttingen 1853, S. 439 f.
Das bessere Gebet
Von einem Einsiedel, der in den helvetischen Landen gewohnet (ich weiß aber nit in welchen Jahren) hab ich mir von einem vornehmen gelehrten Mann erzählen lassen, daß ihn der Weihbischof von Costnitz (Konstanz) besucht hat, um zu erfahren, was hinter ihm stecken möge. Da habe er eine pure Einfalt angetroffen, und als er den Einsiedel gefragt, was er bete, hätte er geantwortet, er bete nur ein kurzes lateinisches Gebet. Als nun der Weihbischof gefragt habe, wie es laute, hätte er geantwortet: o Domine miserere Dei! o Domine miserere Dei! Darauf habe der Bischof gesagt: Du betest nicht recht, sondern mußt sagen: o Domine miserere mei.
Als er nun seinen Rückweg angetreten und über den Bodensee fuhr, sei der Einsiedel auf dem Wasser dem Schiff nachgeloffen, rufend und bittend, man solle ein wenig innehalten, er hätte das Gebet vergessen und wäre wieder auf die alte Redewendung gekommen.
Als aber der Weihbischof das Wunder gesehen, hätte er das Kreuz über ihn gemacht und gesagt: Gehe hin in Gottes Namen, du kannst besser beten als ich. Darauf sei der Einsiedel wieder umgekehrt und habe sich zurück in seine Klause begeben.
Aus: Grimmelshausen, Des Abenteuerlichen Simplicissimi Ewigwährender Calender, Nürnberg 1670, S. 173
Das zugemauerte Tor oder Zwingtor
Meersburg ist ein gar alter Platz, sagt Stumpf in seiner Schweizer Chronik. Oberhalb der Stadt, in der Nähe der Kirche, stand dereinst das sogenannte Zwingtor oder das „zugemauerte Tor“, welches seinen Namen daher hatte, weil außer dem Bischof niemand hier durchgehen durfte. Einmal wollte nun ein Ritter durch das Tor gehen, ein Bürger aber verwehrte es ihm. Darüber kam es zum Streit, wobei der Ritter den Bürger niederschlug. Dem Unterlegenen eilten Männer zu Hilfe, worauf der Ritter sich in die Burg des Bischofs flüchtete, die hinter ihm sofort verrammelt wurde.
Die Bürger, über den Tod ihres Mitbürgers empört, und jetzt durch den Schutz, den der Ritter im Schloß fand, noch mehr erbittert, verlangten die Auslieferung des Mörders, die jedoch verweigert wurde, worauf sie das Schloß erstürmten. Aber der Bischof samt dem Ritter hatte sich bereits durch einen unterirdischen Gang, der vom Schloß herab durch den Domkapitelstorkel, von da durch den hintern Seetorturm zum Kapitelshof (jetzt Gasthof zum „Schiff“) und dann an den See führte, geflüchtet und nach Arbon hinüberschiffen lassen.
Der Bischof erklärte hierauf die Stadt in Acht und verlegte seine Residenz nach Konstanz. Das Zwingtor wurde nun zugemauert. Als man im Jahre 1820 das Tor abbrach, fand man mehrere Bündel Armbrustpfeile, wovon noch vier im Stadtarchiv aufbewahrt sind.
Aus: Theodor Lachmann, Überlinger Sagen, Bräuche und Sitten. Konstanz 1909, Nr. 40, S. 87 f.